Die verdorbene Weihnachtsfreude
Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Heiligen Abend vor längerer Zeit, als meine Kinder noch klein waren. Die Große war vier und der Kleine war drei Jahre alt. Wir hatten eine schöne Wohnung im zweiten Stock eines alten Hauses.
Alles war für das Fest geschmückt und da mein Mann auch am 24. Dezember bis 14 Uhr arbeiten musste, hatten wir den Weihnachtsbaum schon am Vorabend aufgestellt. Wir hatten ihn geschmückt und unter ihm die Geschenke gelegt. Die Wohnzimmertür hatte kein Schloß . Also hat mein Mann beim Verlassen des Wohnzimmers, den schweren Sessel von innen hinter die Tür gezogen.
Am nächsten Morgen haben die Kinder das letzte Türchen von ihrem Adventkalender aufgemacht.
Nun würde das Christkind kommen. Gleich wollten sie nachsehen ob es schon dagewesen ist. Die Wohnzimmertür ließ sich nicht öffnen, ich war beruhigt und ging meiner Arbeit nach. Der Kartoffelsalat musste noch zubereitet werden, die Beiden halfen mir dabei. Nachdem wir unsere Vorbereitungen fertig hatten gingen die Kinder in die Wanne. Wir wollten uns am Abend richtig fein machen. Die Kinder gingen ins Kinderzimmer und spielten mit ihren Legosteinen. Ich nahm die Gelegenheit war und nahm in aller Ruhe ein Bad. Bis mein Mann von der Arbeit kam dauerte es noch gut zwei Stunden.
Ich lag in der Wanne als mal die Große und mal der Kleine reinkamen um zu fragen wie lange ich noch brauche. „ Einen kleinen Augenblick noch.“ sagte ich. Es kam ein „ Ist gut “ als Antwort, die Badezimmertür ging zu, ich hörte das Zuschlagen der Kinderzimmertür und dachte ich könnte noch ein wenig in der Wanne bleiben. Es machte ja auch den Eindruck als würden die Beiden, an diesem besonderen Tag, sich ausgezeichnet vertragen.
Es waren noch keine zehn Minuten vergangen, als beide Kinder im Bad erschienen, mit glänzenden Augen die ausgepackten Geschenke zeigen die unterm Weihnachtsbaum lagen.
Nie wieder bin ich so schnell aus der Wanne gestiegen wie an diesem Tag. Abtrocknen und anziehen gingen wie im Flug, dabei heulte ich mir die Augen aus dem Kopf.
Mit vereinten Kräften haben die Kinder die Wohnzimmertür aufgedrückt und den Sessel dabei verschoben. Durch den schmalen Spalt, der dabei entstanden ist, sind sie hineingekrochen und haben alle Geschenke auf ihre Art ausgepackt.
Kein Foto von leuchtenden Kinderaugen die auf den erstrahlten Weihnachtsbaum blicken. Ich war völlig fertig, die ganze Freude auf das Fest war dahin. Die Wohnzimmertür hatte ich gerade wieder zu gemacht, als mein Mann nach Hause kam. Weinend hatte ich ihm erzählt was passiert war! Der verschwand im Wohnzimmer und packte die Geschenke notdürftig wieder ein.
Als wäre nichts gewesen machten wir uns einen gemütlichen Nachmittag. Wir saßen in der Küche tranken Kakao und aßen Weihnachtsplätzchen, hörten Musik und erzählten den Kindern Geschichten.
Wie auch heute noch in vielen Familien, gab es bei uns am Heiligen Abend Kartoffelsalat und Würstchen. Als das Glöckchen klingelte liefen die Kinder ins Wohnzimmer.
Die Worte klingen mir noch heute im Ohr als mein Sohn nach dem Auspacken rief: „ Das kenn ich ja alles schon!“
Heute dreißig Jahre später kann auch ich darüber lachen, damals aber war es für mich der schlimmste Heilige Abend den ich je erlebte.
Das Erste das wir uns damals nach Weihnachten gekauft haben war ein Schloß für die Wohnzimmertür.
Titel: Die verdorbene Weihnachtsfreude
Autor: Gaby Jung
gepostet von Gaby Jung
am 09.12.2011 21:05
E-Mail: g.jung.2@gmx.de
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