Die Pflanze:
Die 2 bis 3 cm starken Lianen der Vanille, einer Kletterorchidee, ranken
sich bis zu 10 m lang an Bäumen empor. Sie tragen zahlreiche, glatte, tiefgrüne,
wechselständig angeordnete Blätter, die aus ihren Blattachseln Blütenstände
aus 10 bis 15 blassgelben Orchideen-Blüten sprießen lassen. Nach der Bestäubung
entwickeln sich aus ihnen 12 bis 25 cm lange und 5 bis 10 mm starke, einfächerige,
an der Basis hakenförmig gekrümmte und an beiden Enden spitz zulaufende Fruchtkapseln,
die zur Reife der Länge nach aufplatzen und die vielen winzigen, im Durchmesser
nur 0,3 bis 0,5 mm messenden Samen freigeben.
Heimat und Verbreitung:
Die Vanille ist im tropischen Mittelamerika beheimatet und wird heute
dort in großen Mengen angebaut. Sie wird außerdem in Tahiti, in Uganda, auf
Madagaskar, Reunion, Mauritius, den Seychellen und Komoren sowie in Sri Lanka
(früher: Ceylon) und auf Java angepflanzt.
Anbau und Gewinnung:
Vanille bevorzugt halbschattige Standorte in feuchtwarmen Klimaten
und wird an Pfählen oder Bäumen, häufig zusammen mit Zuckerrohr oder Kakaobäumen
vergesellschaftet, zur besseren Pflege nicht über zwei Meter hoch werdend,
gezogen. Ab dem 4. bis 5. Jahr fängt die Pflanze an, Frucht zu tragen.
Um beste Ware zu erzielen, wählt man in den Anbaugebieten außerhalb Mittelamerikas, wo die natürlichen Bestäuber wie Kolibris und langrüsselige Insekten fehlen, von den rund 1.000 Blüten einer gut entwickelten Pflanze 40 bis 50 aus, die man künstlich von Hand bestäubt. Das Bestäuben muss während der einmonatigen Blütezeit täglich erfolgen, da die einzelnen Blüten sich nur für wenige Stunden öffnen.
Kurz vor der Reife, noch vor dem Aufplatzen, werden die noch gelblich-grünen Fruchtkapseln gepflückt, die erst durch einen sich anschließenden Fermentationsprozess das typische Aroma entwickeln. Dabei wirken Luft, Wärme, Feuchtigkeit und Luftabschluss mehrfach abwechselnd auf die Früchte ein. Der Prozess datiert mehrere Wochen. Nach einem abschließenden Trocknen hat die handelsfertige Ware das bekannte, tief schokoladenbraune, längsfurchige, fettig glänzende Aussehen angenommen. Auf manchen Früchten zeigt sich als besonderes Qualitätsmerkmal ein feiner weißer Überzug aus winzigen nadelförmigen Vanillin-Kristallen.
Das Gewürz und seine Verwendung:
Die Vanille-„Schoten", wie die Fruchtkapseln oft fälschlich genannt
werden, duften unnachahmlich zart und angenehm aromatisch; sie schmecken
charakteristisch süßlich-würzig. Man bewahrt sie am besten in dicht verschließbaren
Behältnissen (z. B. verkorkten Glasröhrchen) auf.
Vanille wird zum Würzen von Backwaren, Süßspeisen, Getränken, süßen Soßen und zur Speiseeisbereitung verwendet. Neben der Getränke- und Parfümindustrie ist die Schokoladenindustrie der größte Verbraucher echter Vanille.
Geschichtliches:
Vanille wurde schon lange vor dem Eintreffen der Spanier in Mittelamerika
von den Azteken in Mexiko kultiviert. Sie machten daraus Heilmittel und Aphrodisiaka
und würzten mit ihr den Kakao. In diesem Getränk lernte es schließlich auch
der spanische Eroberer Hernán Cortés kennen und beschloss, das Gewürz in
Spanien einzuführen. Obwohl immer wieder versucht wurde, trotz der damit
verbundenen Todesstrafe, Vanillestecklinge in anderen Erdteilen zu ziehen,
blieb Mexiko noch etwa 300 Jahre lang der einzige Vanille-Lieferant der Welt.
Im 19. Jahrhundert gelang schließlich mit entwendeten Keimlingen auf der
im Indischen Ozean liegenden Insel Bourbon, heute Reunion genannt, die Aufzucht,
doch blieben die üppig sprießenden Blüten ohne Fruchtansatz, weil die natürlichen
Bestäuber fehlten: Kolibris und Insekten aus der mexikanischen Heimat. Der
Fehlschlag wurde zum Erfolg, als man lernte, die Blüten künstlich zu bestäuben.
Seitdem wird überall in den Anbaugebieten außerhalb Mittelamerikas dieses
Verfahren angewandt.
Inhalte mit freundlicher Erlaubnis
des Fachverbandes der Gewürzindustrie e.V., Bonn
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